Schulterchirurgie | Schulterschmerzen

Schultergelenksarthrose | Instabilität des Schultergelenks | Rotatorenmanschettenriss | Bizepssehne | Impingement-Syndrom | Oberarmkopfbruch        

Schultergelenksarthrose (Omarthrose)

Omarthrose bedeutet Gelenkverschleiss im Schultergelenk. Bei dieser Arthroseart kommt es zu einem Abrieb von Knorpel im Oberarmkopf und/oder in der Schultergelenkspfanne. Man unterscheidet zwischen primärer (keine erkennbare Ursache) und sekundärer Arthrose als Folge von Unfällen. Sehr häufig kommt es zu einer Beeinträchtigung des Gelenkknorpels infolge einer bedeutenden Rotatorenmanschettenläsion, was schlussendlich zur sogenannten Defektarthropathie führt. Dies bedeutet in einfachen Worten ausgedrückt: Gelenksverschleiss infolge eines grossen Defektes der Rotatorenmanschette (Sehnenmanschette rund um den Gelenkskopf).

Wenn der Knorpel aufgebraucht wird, reiben die Kopf- und Pfannenknochen ohne den schützenden, stossdämpfenden Gelenkknorpel aneinander. Dies führt zu Schmerzen und einer Bewegungseinschränkung. Da seit dem letzten Jahrhundert die Menschen in unserer Kultur dank Medizin und guter Ernährung immer älter werden, hat man sich auch zunehmend mit den Folgen des Altwerdens auseinanderzusetzen. So werden die Arthrosen der Gelenke und deren Behandlungsmöglichkeiten stetig mehr Bedeutung erhalten. Der prothetische Gelenksersatz (Schulterprothese) ist schon heute ein Routineeingriff und führt in vielen Fällen zur Erhaltung der Lebensqualität.

Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine Schulterprothese?

Das Wichtigste an der Schulter ist nicht das Gelenk selbst, sondern der bewegende Weichteilmantel, die Rotatorenmanschette. Wird nur das Gelenk ersetzt, ist dies häufig nicht befriedigend. Das Hauptziel ist zwar die Schmerzbefreiung, aber die meisten Patienten möchten auch die Beweglichkeit und Kraft wiederhergestellt haben. Gerade bei fortgeschrittener Arthrose sind aber nicht selten die Rotatorenmanschettenanteile so schlecht oder sogar vollständig fehlend, dass die volle Beweglichkeit und Kraft zur Glückssache werden. Trotz intensivem Aufbautraining nach der Operation sind diese Wünsche und Ziele nicht immer erreichbar. Dies spricht dafür, dass mit einer Gelenksersatzoperation nicht abgewartet werden sollte, bis alle Strukturen zerstört sind, sondern sie dann durchgeführt werden sollte, wenn der Leidensdruck zwar gross ist, die generativen Veränderungen aber noch nicht zu fortgeschritten sind.

Welche Prothesenarten gibt es?

Bei Arthrosen des Schultergelenks werden heute unterschiedliche Verfahren der Prothetik verwendet. Eine Totalendprothese, d. h. der Ersatz von Kopf und Pfanne, wird heute nur noch bei jüngeren Patienten mit guten Weichteilen, sprich mehrheitlich intakter Rotatorenmanschette, eingebaut. Diese Prothesen sind heute so konzipiert, dass sie später bei Bedarf auch in eine Inversprothese, ein Umkehrgelenk, umgebaut werden könnten.

Die früher sehr häufig eingebaute Kopfprothese (ohne Ersatz der Pfanne) wird inzwischen nur noch selten eingesetzt und vorwiegend bei Trümmerfrakturen verwendet. Beim älteren Patienten, dessen Rotatorenmanschette meist auch beeinträchtigt ist, wird heute zunehmend die primäre Implantation der Inversprothese empfohlen. Die Cupprothese (nur Ersatz der Oberfläche des Kopfes) hat Anhänger und Gegner. Die Anhänger führen an, dass die Arthrose optimal behandelt ist und darüber hinaus auch eine Rotatorenmanschettenruptur problemlos solide repariert werden kann, ohne die Pfanne ersetzen zu müssen. Zudem muss vom eigenen Knochen praktisch nichts geopfert werden, womit dem Patienten für die Zukunft noch alle Optionen offenstehen. Die Gegner führen an, dass die Operation und das Einsetzen einer Pfanne sehr schwierig sein würden, falls dies zu einem späteren Zeitpunkt notwendig wäre. Deswegen empfehlen sie den primären Einbau der Pfanne.

Welche Prothese in Ihrem Fall die richtige ist, muss im Rahmen einer genauen klinischen Untersuchung geklärt werden. Dabei spielen Ihre Krankengeschichte, Ihr Lebensstil und Ihre Lebensqualität eine grosse Rolle.

Instabilität des Schultergelenks

Das Schultergelenk wird im Wesentlichen durch die Muskeln und die Gelenkskapsel stabilisiert. Andere Stabilisatoren sind die Knorpellippe am Schulterpfannenrand (Labrum bzw. Limbus glenoidalis), der Unterdruck im Gelenk und die knöcherne Formgebung. Dabei ist zu bedenken, dass die Schulterpfanne relativ klein und der Oberarmkopf gross ist. Deswegen ist das Schultergelenk das beweglichste Gelenk des menschlichen Körpers, was es aber anfälliger für Instabilitäten macht.

Was macht die Schulter instabil?

Bei den meisten Patienten ist ein Trauma für die Schulterluxation verantwortlich, häufig ein Ereignis, das so einschneidend für den Betroffenen war, dass sich dieser noch Jahre danach erinnern kann. Durch das Trauma (z. B. einen Sturz) können die Stabilisatoren verletzt werden. Man spricht dann von einer traumatischen Schulterinstabilität. Dabei kommt es meist zu einer Läsion (Abriss) der vorderen Knorpellippe an der Schulterpfanne; dies wird als Bankart-Läsion bezeichnet. Oft reissen dann auch die vordere untere Schultergelenkkapsel und die dazugehörigen Bänder. In Abhängigkeit von Alter und anderen Faktoren kommt es nicht selten zu wiederholten Luxationen, dies aufgrund der beim Ersttrauma verletzten Stabilisatoren, die in der Regel nicht mehr spontan abheilen können. In seltenen Fällen begegnet man willkürlichen Ausrenkungen: Patienten können dann auf Kommando die Ausrenkung vorführen und den Arm selbstständig wieder einrenken. Dies wird häufig mehrmals hintereinander vorgeführt.

Die Schulterstabilisatoren können aber auch anlagebedingt zu schwach angelegt sein und zeigen sich dann in einem zu schwachen, zu elastischen Weichteilgewebe des Kapsel-/Bandapparats. Bei solchen Patienten reichen Bagatellverletzungen aus, um eine Luxation, auch Auskugelung, der Schulter zu bewirken. Diese atraumatischen Instabilitäten sind in der Regel angeboren. Das übermässig elastische Kapselbandgewebe lässt dem Oberarmkopf zu viel Spiel in der Schulterpfanne, und bereits geringe Manipulationen können ein teilweises oder vollständiges Ausrenken bewirken.

Wie wird eine Schulterinstabilität diagnostiziert?

Initial muss eine konventionelle Röntgenuntersuchung der Schulter in mehreren Ebenen durchgeführt werden. Im akuten Fall kann die etwaige Luxationsrichtung bestimmt werden. Zudem kann ein Bruch (Fraktur) am Oberarmkopf oder an der Pfanne ausgeschlossen werden. Als Nächstes bedarf es einer Ultraschalluntersuchung, um die Weichteile (z. B. Rotatorenmanschette) beurteilen zu können. Bei rezidivierenden (wiederkehrenden) Ausrenkungen oder bei anhaltenden Schmerzen wird eine Magnetresonanztomografie (MRI) durchgeführt, um allfällige Verletzungen des Limbus (Gelenklippe), des Knorpels oder der Sehnen darstellen zu können. Im Vorfeld ist jedoch immer die klinische Untersuchung zur Beurteilung des Instabilitätsgrads und der Instabilitätsrichtung essenziell.

Wie wird die Schulterinstabilität behandelt?

Nicht operative, konservative Therapie von Schulterinstabilitäten

Bei der akuten Schulterluxation ist die sofortige Reposition (Wiedereinrenkung) das primäre Ziel. Zuvor wird anhand eines Röntgenbilds eine Fraktur ausgeschlossen. Falls die Reposition aufgrund der Muskelspannung beim wachen Patient nicht gelingt, muss eine kurze Narkose durchgeführt werden. Nach der Reposition wird die Schulter in einem Gilet oder mit einer Schlinge während einiger Tage ruhiggestellt und mithilfe von Physiotherapie nachbehandelt. Eine unmittelbare Operation ist in den meisten Fällen nicht notwendig. Sie drängt sich nur bei Frakturen auf, die konservativ nicht zu behandeln sind, und bei Patienten, die auf eine äusserst belastungsfähige Schulter angewiesen sind (z. B. Profisportler).

Patienten, die willkürliche Ausrenkungen vorführen können, sollten dies zunächst dauerhaft unterlassen. Die Prognose für eine Spontanheilung ist auch nach vielen Jahren gut. Operationsindikationen aufgrund willkürlicher Ausrenkungen führen selten zum gewünschten Erfolg.

Bei chronischen Schulterinstabilitäten kann manchmal unter physiotherapeutischer Anleitung und mit einem gezielten Muskelaufbauprogramm eine Operation vermieden werden. Die Schäden an Limbus und Kapselbandapparat werden dann durch die Stärkung der dynamischen Stabilisatoren (Muskeln) kompensiert. Die verletzten Strukturen können damit aber nicht zur Abheilung gebracht werden. Bei anhaltenden Beschwerden trotz konservativer Therapie bleibt nur noch die stabilisierende Operation.

Je jünger ein Patient mit einer Erstausrenkung ist (z. B. 18 bis 30 Jahre), desto eher empfiehlt sich die operative Stabilisierung, da die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Ausrenkung bei 90 Prozent liegt. Je älter der Patient ist (über 50 Jahre), desto eher empfehlen sich eine vorerst abwartende Haltung und eine konservative Therapie, sofern der Sehnen-/Muskelapparat intakt ist. Bei gleichzeitiger Verletzung der Rotatorenmanschette ist die Operationsindikation jedoch gegeben.

Operative Therapie von Schulterinstabilitäten

Man unterscheidet arthroskopische von offenen Stabilisierungsoperationen. Bei den arthroskopischen Schulterstabilisierungen werden über zwei bis vier kleine, etwa 0,5 bis 1 cm lange Schnitte eine Arthroskopiekamera und ein Operationsinstrument eingebracht. Die arthroskopische Operation wird in der Regel in Seiten- oder Rückenlage durchgeführt.

Die Bankart-Operation ist ein arthroskopischer Eingriff, bei dem der abgerissene Limbus am Knochen wieder befestigt und der überdehnte Kapselbandapparat gestrafft wird. Dafür werden spezielle Fadenanker verwendet, die im Knochen der Gelenkpfanne fixiert werden. In speziellen Fällen wird zusätzlich eine Remplissage durchgeführt. Dabei wird die Sehne vom Infraspinatus-Muskel oben hinten am Oberarmkopf in die dort befindliche Hill-Sachs-Delle eingenäht.

Die Bankart-Operation kann auch offen durchgeführt werden. Es handelt sich um ein klassisches Verfahren, um den abgerissenen Limbus mittels offen gesetzter Nahtanker oder bioresorbierbarer Schrauben am vorderen Schulterpfannenrand zu fixieren. Wenn grössere knöcherne Verletzungen am Pfannenrand vorliegen, müssen diese in der klassischen offenen Technik mit Schrauben fixiert werden.

Ist die knöcherne Verletzung am Pfannenrand zu gross oder das abgesprengte knöcherne Fragment für eine Verschraubung zu klein oder bereits in einer Fehlposition verheilt, wird eine Methode gewählt, bei der ein Knochenblock transferiert werden muss. Dafür kann zum Beispiel ein Knochenblock vom Beckenkamm entnommen und in den knöchernen Defekt am Pfannenrand eingesetzt werden (J-Span), um die natürliche Kontur der Gelenkpfanne wiederherzustellen. Alternativ kann das Coracoid (Raben-/Schnabelfortsatz) abgetrennt und mit der anhängenden Bizepssehne als statische und dynamische Stabilisation transferiert werden. Diese Technik wird als offene Stabilisierung nach Latarjet bezeichnet. Langzeitergebnisse dieses Verfahrens zeigen bis zu 98 Prozent sehr zufriedene Patienten und eine Reluxationsrate von maximal 3 Prozent.

Warum/wann ist eine Operation sinnvoll?
  1. Wiederkehrende Ausrenkungen sind äusserst schmerzhaft.
  2. Bei jeder Luxation könnte der Nervus axillaris eingeklemmt, durch Druck und Zug während des Ausrenkungsereignisses oder durch das Manöver geschädigt werden. Dies kann mit einer Lähmung und/oder einer Gefühlsstörung einhergehen.
  3. Jede Luxation kann zu mehr strukturellen Schäden an Knorpel, Limbus, Kapsel, Pfannenrandknochen und Oberarmkopf führen. Eine frühzeitige Arthrose wäre die Folge.
Wie sieht die Nachbehandlung aus?

Eine korrekte Nachbehandlung ist genauso wichtig wie der eigentliche Eingriff selbst. Die Schulter wird in den ersten zwei Wochen in einem Orthogilet ruhiggestellt. Anschliessend trägt der Patient für weitere zwei Wochen tagsüber eine Armschlinge. Bereits am ersten Tag nach der Operation beginnt ein durch speziell geschulte Physiotherapeuten begleitetes Rehabilitationsprogramm. Das Schultergelenk wird kontrolliert und dosiert bewegt, um Verklebungen der Gleitschichten vorzubeugen. Der Arm darf während der ersten sechs Wochen nicht über 0 Grad nach aussen gedreht werden. Nach dieser ersten Rehabilitationsphase folgt ein kontinuierlicher Bewegungs- und Belastungsaufbau mit muskulären Stabilisierungsübungen unter physiotherapeutischer Anleitung. Leichtere körperliche und sportliche Aktivitäten sind zu diesem Zeitpunkt bereits wieder möglich.

Kontaktsportarten, wie z. B. Handball, Fussball, Kampfsportarten usw., können nach sechs bis neun Monaten wieder ausgeübt werden.Die genauen Massnahmen und Empfehlungen hängen vom jeweiligen Verfahren und von der Operationsmethode ab.

Vielseitige Ursachen für ein instabiles Schultergelenk

Ein Beitrag von Dr. med. univ. Kourosh Modaressi zum Thema Schulterchirurgie.


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Rotatorenmanschettenriss

Bei der Rotatorenmanschette handelt es sich um jene Sehnenplatte des Schultergelenks, die haubenartig den Oberarmkopf umfasst und den Oberarm mit der Schultergürtelmuskulatur verbindet. Rotatorenmanschettenrisse kommen vor dem 40. Lebensjahr meist aufgrund von Unfällen vor und nach dem 40. Lebensjahr aufgrund einer degenerativen Vorschädigung.

Was sind die Symptome des Rotatorenmanschettenrisses?

Bei chronischen Rupturen bestehen als vordergründige Symptome Schmerzen in der Nacht sowie belastungsabhängige Schmerzen, aber auch die Kraft ist deutlich eingeschränkt, insbesondere bei Überkopfarbeiten. Der plötzliche Riss der Rotatorenmanschette geht meistens mit einem erheblichen Funktionsverlust des Armes einher. Obwohl sich die Beweglichkeit wegen der ausserordentlichen Kompensationsfähigkeit der übrigen Schultergürtelmuskulatur wieder normalisieren kann, führen meist hartnäckige Schmerzen oder Kraftlosigkeit den Patienten zum Schulterspezialisten. Die Lebensqualität stark einschränkend sind vor allem die Nachtschmerzen. Diese sind einfach erklärbar: Tagsüber wird der Arm durch die Schwerkraft etwas nach unten gezogen, was für die verletzte Rotatorenmanschette zu einer entlastenden Erweiterung des Platzes unter dem Schulterdach führt. Nachts, beim Liegen, ist diese ziehende Schwerkraft nicht wirksam. Durch den Muskeltonus der übrigen Schultergürtelmuskulatur wird der Oberarmkopf nach oben gezogen und dadurch die verletzte Manschette unter dem Schulterdach eingeklemmt.

Wie wird ein Rotatorenmanschettenriss diagnostiziert?

Die Abklärung der Rotatorenmanschettenruptur ist klinisch, mit der Sonografie und am zuverlässigsten mit der Arthro-MRI-Untersuchung möglich. Früher wurden solche Verletzungen kaum operiert, da die Resultate nach der Operation ungenügend waren. Heute hat sich jedoch die Einstellung der Schulterspezialisten gegenüber der Behandlung dieser Verletzungen gewandelt. Gerade weil bekannt ist, dass ein Riss spontan nicht abheilen kann, sich die Läsion durch zu langes Warten ausdehnt und sich später beinahe immer zu einem schwierigen bis unlösbaren Problem entwickelt, wird heute empfohlen, den Riss früh operativ zu versorgen, wenn die Gewebekonditionen noch gut sind und die Rekonstruktion noch ein gutes Resultat verspricht. Je grösser der zu versorgende Defekt ist, umso schwieriger wird der Eingriff und umso weniger gut ist das Resultat einschätzbar. Für die Rekonstruktion einer Rotatorenmanschettenverletzung braucht es jedoch einen versierten und in der Schulterchirurgie absolut bewanderten Spezialisten, um dem Patienten mit zuverlässiger Sicherheit ein gutes Resultat in Aussicht zu stellen.

Wie wird die Rotatorenmanschette rekonstruiert?

In einem frühen Stadium wird die Rotatorensehnenkappe mobilisiert und im Knochen neu reinseriert. Dies bedeutet immer mehr Spannung im frisch operierten Gewebe, weswegen auch unmittelbar nach der Operation für kurze Zeit mehr Schmerzen auftreten. Zur Entlastung muss eine Abduktionskissenschiene getragen werden. Ebenfalls wird das AC-Gelenk zurückgeschliffen, um Schmerzen nach der Operation aufgrund dieses kleinen Schultereckgelenks zu vermeiden. Diese Erweiterung des Subacromialraums ist notwendig, um der neu rekonstruierten Rotatorenmanschette genügend Platz zu geben und ein erneutes Aufscheuern der Manschette zu verhindern. Dabei wird meistens der Rest des Schleimbeutels (Bursa) zwischen Schulterdach und Rotatorenmanschette mit entfernt. Erstens ist der Schleimbeutel meistens durch die Rissläsion mitverletzt, und zweitens bildet er sich mit der intensiven Bewegungstherapie nach der Operation spontan innerhalb eines halben Jahres selbst wieder.

Wenn eine Rotatorenmanschettenruptur/ein Rotatorenmanschettenriss lange Zeit besteht, z. B. über Jahre, oder das Gewebe sich nach der Rissläsion schnell zurückzieht, entsteht ein Defekt, der mit üblichen Methoden nicht mehr reparierbar ist. Häufig hat der Körper in dieser langen Zeit gelernt, sich an den zunehmenden Defekt zu gewöhnen und den Ausfall zu kompensieren. Dies bedeutet, dass es dem Patienten auch bei recht erheblichem Defekt noch lange möglich sein kann, den Arm einigermassen zu bewegen. Bei einem geringfügigen Trauma, bei einem Bagatellereignis, kann durch Nachreissen der Manschette dann allerdings das erreichte Gleichgewicht dekompensieren und es entsteht die Situation, dass der Arm plötzlich nicht mehr gehoben werden kann, wie dies bei einer Lähmung der Fall ist. Es handelt sich dabei immer um ein einschneidendes Erlebnis, und die Patienten sind darüber sehr beunruhigt. Solange der Sehnenapparat reparierbar ist, sollte er daher unbedingt rekonstruiert werden.

Was ist, wenn die Rotatorenmanschette nicht rekonstruiert werden kann?

Wenn der Sehnendefekt zu gross oder der Gelenkkopf unter dem Schulterdach definitiv fixiert ist sowie die Gelenkflächen an Kopf und Pfanne bereits deformiert und zerstört sind (Defektarthropathie), sollte über eine Gelenksersatzoperation nachgedacht werden. Eine Gelenksersatzoperation kann in einem solchen Fall nicht mit einer normalen Gelenkersatzprothese erfolgen, denn die gute Funktion einer solchen Prothese wäre ebenso von der guten Funktion der Rotatorenmanschette abhängig. Wenn die Rotatorenmanschette als zentrierende Kraft im Gelenk fehlt, muss die Prothese die Funktion der Rotatorenmanschette übernehmen. Dies ist nur durch eine Umkehrprothese (Inversprothese) möglich. Das bedeutet, dass das Drehzentrum durch die Prothese selbst fixiert werden muss, wie dies auch beim Hüftgelenk der Fall ist.

Die Inversprothese (Umkehrprothese)

Das Prinzip der inversen Prothese ist, dass das Drehzentrum des Gelenks nicht mehr durch die Rotatorenmanschette aufrechterhalten wird, sondern durch die Prothese selbst. Im eigentlichen Sinne ist diese Prothese also nicht nur ein Gelenkersatz, sondern vielmehr ein Ersatz der fehlenden Rotatorenmanschette. Somit ist diese Prothese jenen Schultern reserviert, die keine funktionstüchtige Rotatorenmanschette mehr haben und das Gelenk nicht mehr zentrieren können. Bei fehlender Rotatorenmanschette und der Unmöglichkeit, diese zu reparieren, ist die Implantation einer solchen Prothese ein Quantensprung in der Verbesserung der Lebensqualität − unabhängig davon, ob später (zehn und mehr Jahre danach) eine Lockerung oder Abnutzung wahrscheinlich wird. Es ist anzunehmen, dass Wissenschaft und Technik in zehn Jahren nochmals gewaltige Fortschritte gemacht haben und auch für solche Fälle verbesserte Möglichkeiten und neue Lösungsvorschläge anbieten werden.

Verletzung der Bizepssehne

Die lange und die kurze Bizepssehne entspringen an der Schulter, verlaufen am vorderen Anteil des Oberarms im bekannten Muskelbauch und kommen beim knöchernen Vorsprung der Speiche zusammen. Die Hauptwirkung des Bizepses ist die Beugung des Ellbogens. Die Wirkung aufs Schultergelenk selbst ist nicht hauptsächlich. Für das Schultergelenk interessant und bedeutend ist hingegen der Ursprung der langen Bizepssehne am oberen Pfannenrand am oder in der Nähe des Limbus (Meniskus). Bei den Rotationsbewegungen des Oberarms wird die lange Bizepssehne durch einen komplex verlaufenden Bandapparat geführt, über den Humeruskopf gespannt und gewinnt so vor allem in der Aussenrotationsposition des Oberarms auch eine zentrierende Wirkung auf das Schultergelenk selbst. So kann bei Überlastung der Beugemuskulatur des Ellbogens eine Schädigung der langen Bizepssehne entstehen. Diese Verletzung kann entweder ansatznahe am Meniskus mit Auffaserung der Sehne oder als Ablösung des Meniskus mit anhaftender Bizepssehne entstehen. Solche Schäden der Bizepssehne führen zu einer Entzündung mit starken Schmerzen entlang des Sehnenverlaufs mit Ausstrahlung bis in den Oberarm.

Eine Verletzung der Bizepssehne ist jedoch auch durch ein plötzliches Zerrereignis möglich (z. B. beim Versuch, eine nach unten fallende Last aufzuhalten) und nicht nur durch repetitive Bewegungen. Bei Ausdehnung des Sehnenschadens kann dieselbe reissen und der Sehnenstumpf nach unten gleiten. Dies erkennt der Patient einerseits im Nachlassen der Schmerzen und anderseits im Nach-unten-Rutschen des Bizepsmuskelbauchs.

Das Impingement-Syndrom an der Schulter

Der Meniskus bildet einen knorpeligen Ring um den Pfannenrand herum und bringt sowohl einen besseren Halt für den Humeruskopf (Oberarmkopf) als auch eine Gelenksflächenvergrösserung von rund einem Drittel. Eine Verletzung und vor allem eine Ablösung des Meniskus vom Pfannenrand bedeuten immer einen Stabilitätsverlust des Schultergelenks. Ein solcher Stabilitätsverlust kann zu Folgeschäden führen, indem z. B. der Oberarmkopf beim Heben des Armes in der Gelenkpfanne nicht mehr gut zentriert wird und nach oben ausweicht. Dadurch kommt die Rotatorenmanschette unter Druck und kann sich am Schulterdach aufreiben. Es entsteht ein Impingement-Syndrom oder anders ausgedrückt: ein Engpass-Syndrom, eine Einklemmung. Dabei gibt es verschiedene Schweregrade der Verletzung oder Veränderung des Meniskus.

Wie behandelt man eine Verletzung der Bizepssehne und das Impingement-Syndrom?

Die meisten Erkrankungen oder Verletzungen des Meniskus oder der Bizepssehne können arthroskopisch behandelt werden. Das bedeutet, dass die umliegenden Weichteile geschont werden. Eine gerissene oder verletzte Bizepssehne kann jedoch in der Regel nicht rekonstruiert werden. Sie wird am Bizepsanker, am Übergang zum Meniskus, abgetrennt und im Sehnenkanal am Oberarmkopf neu fixiert. Der am Gelenkoberrand abgelöste Meniskus kann wiederum arthroskopisch refixiert werden. Meistens ist aber in diesen Fällen mit einer zwei- bis dreimonatigen Rehabilitation zu rechnen.

Oberarmkopfbruch 

Die klassische Humeruskopffraktur ist eine Folge eines Sturzes auf den ausgestreckten Arm und kommt häufig bei älteren Leuten vor. Sie kann sehr schmerzhaft sein und die Beweglichkeit im Schultergelenk massiv beeinträchtigen, ähnlich wie bei einer starken Verrenkung. Der Bruch kann unterhalb des Gelenks, aber auch ins Gelenk hinein verlaufen.

Wie behandelt man einen Oberarmkopfbruch?

Je nach Verschiebung der Fragmente und je nach Typ des Bruches ist allein durch Ruhigstellung eine folgenlose Abheilung möglich. In vielen Fällen kommt es jedoch zu einer stärkeren Verschiebung der Bruchfragmente, da an diesen die Zugkraft der anhängenden Rotatorenmanschette wirkt. Deswegen kommt es nach Abheilung der Brüche zu Einklemmungserscheinungen unter dem Schulterdach mit hochgradigen, schmerzhaften Bewegungseinschränkungen. Die meisten dieser komplizierten Brüche können durch geschickte, gut geplante operative Behandlungen zu einem befriedigenden Resultat geführt werden. Bei nicht rekonstruierbaren Trümmerbrüchen muss manchmal auch ein künstlicher Schulterkopf (Schulterkopfprothese) implantiert werden. Bei Trümmerfrakturen mit gleichzeitiger Verrenkung des Schultergelenks oder bei zu starken Verschiebungen der Fragmente stellt sich immer mehr auch die Frage nach einer primären Implantation eines Inversprothesengelenks.

Die Osteosynthese mit Platte und Schrauben gehört heute zum Standard in der Notfall- Schulterchirurgie. Zu oft wird aber die Aufmerksamkeit des Operateurs nur auf den Knochen und dessen Rekonstruktion gerichtet. Da gerade bei diesen Verletzungen aber auch die Weichteilmanschette mitbetroffen ist, sollte bei jeder Rekonstruktion auf diese Rücksicht genommen werden. Viele postoperative Resultate sind nur deswegen ungenügend, weil der gesamthaften Schulterfunktion mit allen beteiligten Geweben zu wenig Beachtung geschenkt wurde. Gewisse Brüche des gelenknahen Oberarmkopfknochens verhalten sich wie Rotatorenmanschettenverletzungen, da an diesen Knochenfragmenten die Sehnen der Rotatorenmanschette befestigt sind.

Die konservative, nicht operative Behandlung solch komplexer Brüche führt häufig zur Invalidität dieses Bereichs, sodass in der Regel die Operation vorzuziehen ist − auch bei Inkaufnahme einer nicht mehr vollständigen, hingegen schmerzfreien Beweglichkeit des Schultergelenks.

Wie sieht die Nachbehandlung aus?

Die Rehabilitation ist abhängig von der durchgeführten Rekonstruktion, von der Stabilität und vom Zustand des umgebenden Weichteilgewebes. Auch bei der Versorgung dieser sehr schwierigen Verletzungen ist mit der Operation immer anzustreben, den Arm so früh als möglich, noch während der Heilphase, bewegen zu können.

Autor: PD Dr. med. K. Modaressi

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